Unfallflucht? Nur kurz nach Hause die Zulassung und Versicherungspolice abholen?
Unfallflucht: Rechtliche Konsequenzen und die Frage der Bagatellschäden
Unfallflucht, juristisch als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 StGB bezeichnet, ist kein Kavaliersdelikt. Auch bei vermeintlich geringfügigen Schäden – sogenannten Bagatellschäden – können die rechtlichen Konsequenzen erheblich sein. Die Situation, nur „kurz nach Hause“ zu fahren, um Unterlagen wie die Zulassung oder Versicherungspolice zu holen, mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen, erfüllt jedoch in der Regel bereits den Tatbestand der Unfallflucht.
Was sagt das Gesetz? § 142 StGB im Detail
Nach § 142 StGB macht sich strafbar, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr entfernt, ohne zuvor die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglicht zu haben. Das Gesetz verfolgt damit das Ziel, die Interessen des Geschädigten zu schützen und sicherzustellen, dass die Haftungsfragen geklärt werden können. Bereits das Verlassen des Unfallortes, ohne angemessene Maßnahmen zur Sicherstellung der Feststellungen zu treffen, wird als Unfallflucht gewertet – auch dann, wenn der Verursacher die Absicht hat, später zurückzukehren.
Unterscheidung: Bagatellschaden oder erheblicher Schaden?
Das Strafmaß für eine Unfallflucht hängt maßgeblich von der Schwere des Unfalls und den daraus resultierenden Schäden ab. Bei einem Bagatellschaden, beispielsweise einer kleinen Schramme am Fahrzeug oder einem beschädigten Anhänger im geringen Wert, werden die Gerichte in der Regel mildere Strafen verhängen. Dennoch bleibt es eine Straftat, und auch bei geringfügigen Schäden drohen Sanktionen wie Geldstrafen oder Punkte im Fahreignungsregister (FAER).
Ein erheblicher Schaden, wie das Rammen eines Autos mit hohem Wiederbeschaffungswert oder die Verletzung einer Person, zieht deutlich strengere Strafen nach sich. Hier kann die Strafe von einer hohen Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren reichen. Auch der Entzug der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB ist eine mögliche Konsequenz, insbesondere wenn der Unfallflüchtige grob fahrlässig gehandelt hat.
Rechtliche Besonderheiten bei Bagatellschäden
Bei einem Bagatellschaden können die Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen von einer milden Strafe absehen. Es wird beispielsweise berücksichtigt, ob der Unfallverursacher zeitnah die Polizei verständigt hat oder ob es sich um einen geringfügigen Sachschaden handelt, bei dem die Interessen des Geschädigten nicht erheblich beeinträchtigt wurden. Dennoch sollten Betroffene wissen, dass auch Bagatellschäden nicht immer so harmlos sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Bereits kleine Schäden können in der Reparatur hohe Kosten verursachen, was die Bewertung durch die Justiz beeinflussen kann.
Was tun, wenn ein Schaden verursacht wurde?
Unmittelbar nach einem Unfall sollten Sie folgende Schritte beachten, um sich nicht dem Vorwurf der Unfallflucht auszusetzen:
Anhalten und die Unfallstelle sichern: Das sofortige Verlassen des Unfallortes ist in den meisten Fällen rechtswidrig.
Austausch von Informationen: Geben Sie dem Geschädigten Ihre Kontaktdaten und die Versicherungsdaten bekannt.
Polizei verständigen: Wenn der Geschädigte nicht anwesend ist (z. B. bei einem geparkten Fahrzeug), sollten Sie unverzüglich die Polizei verständigen.
Warten: Verlassen Sie den Unfallort nicht, bevor alle notwendigen Feststellungen getroffen wurden.
Auch wenn Sie vermeintlich nur „kurz wegfahren“ möchten, um Unterlagen zu holen, sollten Sie die Unfallstelle nicht ohne vorherige Maßnahmen verlassen. Die Gerichte werten dies oft als Unfallflucht, da die Rückkehrabsicht schwer nachweisbar ist.
Konsequenzen und Verteidigungsmöglichkeiten
Wenn Ihnen Unfallflucht vorgeworfen wird, sollten Sie unverzüglich einen Anwalt kontaktieren. Die Verteidigung bei einem solchen Vorwurf hängt von den genauen Umständen ab. Eine Möglichkeit der Verteidigung besteht darin, darzulegen, dass es sich tatsächlich um einen Bagatellschaden gehandelt hat und keine groben Interessen des Geschädigten beeinträchtigt wurden. Zudem kann argumentiert werden, dass der Unfallverursacher unbewusst gehandelt hat, etwa weil der Schaden gar nicht bemerkt wurde.
Fazit: Unfallflucht ernst nehmen
Unfallflucht ist eine ernstzunehmende Straftat, selbst bei Bagatellschäden. Die Bewertung durch die Justiz hängt von der Höhe des Schadens, den getroffenen Maßnahmen und dem Verhalten des Unfallverursachers ab. Um rechtliche Konsequenzen zu minimieren, ist ein umsichtiges Verhalten am Unfallort ebenso entscheidend wie die frühzeitige Beratung durch einen erfahrenen Anwalt. Die Kanzlei Nattermann steht Ihnen in solchen Fällen mit kompetenter Beratung und engagierter Verteidigung zur Seite.
Ihr Anliegen ist unser Fokus – Jetzt Kontakt aufnehmen!
Dieser Inhalt kann leider nicht angezeigt werden, da Sie der Speicherung der für die Darstellung notwendigen Cookies widersprochen haben. Besuchen Sie die Seite Datenschutzerklärung, um Ihre Cookie-Präferenzen anzupassen.