Berufung und Revision im Strafprozess


Berufung und Revision im Strafprozess
Rechtsmittel nach einer Verurteilung: Unterschiede, Voraussetzungen und Chancen
Wer durch ein Strafgericht verurteilt wurde, muss das Urteil nicht immer hinnehmen. Das deutsche Strafprozessrecht kennt mit der Berufung und der Revision zwei wichtige Rechtsmittel, mit denen sich ein Urteil überprüfen und gegebenenfalls aufheben oder ändern lässt. Beide Rechtsmittel haben unterschiedliche Voraussetzungen und Wirkungsweisen. Der folgende Beitrag gibt einen strukturierten Überblick über die gesetzliche Grundlage, die Unterschiede, die Erfolgsaussichten und das richtige Vorgehen.
1. Gesetzliche Grundlagen und Zielsetzung
Die Berufung und die Revision sind in den §§ 312 ff. (Berufung) sowie §§ 333 ff. (Revision) der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Beide Rechtsmittel dienen der gerichtlichen Kontrolle eines Urteils, verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele:
Die Berufung richtet sich gegen Urteile des Amtsgerichts (§ 312 StPO) und ermöglicht eine vollständige neue Tatsachen- und Rechtsprüfung (§ 327 StPO).
Die Revision dient in erster Linie der rechtlichen Überprüfung eines Urteils, das entweder vom Landgericht (in erster Instanz) oder vom Amtsgericht erlassen wurde (§ 333 StPO), und ist auf Rechtsfehler beschränkt (§ 337 StPO).
Beide Verfahren zielen darauf ab, Fehlentscheidungen zu korrigieren und die Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens zu sichern.
2.1 Zulässigkeit und Frist
Die Berufung ist gegen erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts zulässig (§ 312 StPO), also bei Verurteilungen durch den Strafrichter oder Schöffengericht. Die Berufungsfrist beträgt eine Woche ab Verkündung des Urteils (§ 314 StPO). Die Berufung ist bei dem Gericht einzulegen, das das Urteil erlassen hat.
2.2 Umfang der Prüfung
Das zuständige Berufungsgericht – in der Regel die kleine Strafkammer des Landgerichts – führt eine vollständige neue Hauptverhandlung durch (§ 327 StPO). Neue Beweisanträge, abweichende Sachverhaltsdarstellungen oder ergänzende Einlassungen des Angeklagten können eingebracht werden. Der Sachverhalt wird noch einmal umfassend aufgeklärt und gewürdigt.
3.1 Zulässigkeit und Frist
Die Revision ist bei Urteilen des Landgerichts in erster Instanz oder unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Urteilen des Amtsgerichts statthaft (§ 333 StPO). Auch hier gilt eine Frist von einer Woche zur Einlegung (§ 341 StPO) und von einem Monat zur Begründung (§ 345 Abs. 1 StPO).
3.2 Prüfungsumfang
Die Revision prüft ausschließlich Rechtsfragen. Es geht also nicht darum, ob ein Zeuge glaubwürdiger oder eine Beweislage überzeugender war – sondern ob das Gericht Verfahrensregeln verletzt oder Rechtsnormen fehlerhaft angewendet hat.
Prüfbar sind insbesondere:
Verfahrensmängel (z. B. Verletzung der Aufklärungspflicht, Ablehnung unzulässiger Beweisanträge, § 244 StPO),
materielle Rechtsfehler (z. B. falsche Subsumtion, fehlerhafte Strafzumessung),
Verstöße gegen das rechtliche Gehör oder die Öffentlichkeitspflicht.
Die Prüfung erfolgt durch das Revisionsgericht – je nach Instanz das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof (BGH) (§§ 121 ff. GVG).
4. Erfolgsaussichten und taktische Überlegungen
Die Berufung bietet regelmäßig höhere Erfolgschancen, da hier die Tatsachenlage erneut überprüft werden kann. Auch eine veränderte Beweislage oder neue Argumente können eingebracht werden.
Die Revision ist formaler und strenger, bietet aber bei nachweisbaren Verfahrensfehlern oder rechtswidriger Rechtsanwendung die Möglichkeit, ein Urteil aufzuheben oder zur neuen Verhandlung zurückzuverweisen. Besonders bei gravierenden Eingriffen in Grundrechte (z. B. Missachtung des Zweifelsgrundsatzes) kann die Revision sehr wirksam sein.
Ein sorgfältig ausgearbeiteter Revisionsbegründungsschriftsatz ist dabei zwingend erforderlich, um Erfolg zu haben. Pauschale Rügen führen meist zur Verwerfung (§ 349 Abs. 2 StPO).
5. Kombination und Wechselwirkung
In bestimmten Fällen ist auch ein Wechsel zwischen Berufung und Revision zulässig, etwa wenn der Angeklagte die Berufung auf das Strafmaß beschränkt und nur noch rechtliche Fehler geltend macht.
Wird die Berufung zurückgenommen oder verworfen, kann in der Regel keine Revision mehr eingelegt werden (§ 312 StPO analog). Es ist daher anwaltlich zu prüfen, welches Rechtsmittel strategisch sinnvoller erscheint – insbesondere im Lichte der Beweislage und der rechtlichen Angriffsflächen.
6. Fazit
Die Berufung und Revision sind unverzichtbare Mittel der rechtlichen Verteidigung und sichern die Kontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. Welche der beiden Varianten im konkreten Fall die bessere Wahl ist, hängt von der Beweislage, den rechtlichen Besonderheiten und dem Verfahrensverlauf ab.
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