MPU 2025 - was neu ist
Freitag, 18. Juli 2025 von Christoph Nattermann Neue Anforderungen, Fallstricke und Strategien zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis
MPU 2025:
Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) stellt für viele Betroffene eine erhebliche Hürde auf dem Weg zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis dar. Mit dem Inkrafttreten neuer Begutachtungsstandards und der Verschärfung verwaltungsrechtlicher Maßgaben im Jahr 2025 steigen die Anforderungen an Eignungsnachweise signifikant. Die Kanzlei Nattermann mit Sitz in Köln bietet eine umfassende rechtliche und strategische Begleitung für Betroffene, die sich mit einer MPU-Anordnung konfrontiert sehen.
I. Voraussetzungen und rechtliche Grundlagen der MPU-Anordnung
Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) erfolgt nach Maßgabe des § 11 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), sobald die Fahrerlaubnisbehörde aufgrund konkreter, objektivierbarer Anhaltspunkte zu dem Schluss gelangt, dass Zweifel an der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Diese Zweifel müssen auf tatsächlichen Gegebenheiten beruhen, die eine verkehrssicherheitsrelevante Beurteilung erforderlich machen. Die MPU dient in diesem Kontext der Klärung, ob die betroffene Person dauerhaft in der Lage ist, den Anforderungen des Straßenverkehrs gerecht zu werden, insbesondere unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen des § 2 Abs. 4 StVG sowie der §§ 11 ff. FeV.
Von besonderer Relevanz sind hierbei die in § 13 FeV normierten Fallgruppen, die regelmäßig zur Anordnung einer MPU führen. Hierzu zählen insbesondere der Konsum harter Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), wie etwa Kokain, Amphetamin oder Methamphetamin. Auch der Konsum von Cannabis – selbst bei erstmaliger Auffälligkeit – kann eine MPU-Anordnung rechtfertigen, sofern ein aktiver THC-Wert von mindestens 1,0 ng/ml im Blutserum nachgewiesen wird. Maßgeblich hierfür ist die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ab diesem Schwellenwert grundsätzlich nicht mehr von einem sicheren Trennen zwischen Konsum und Fahren ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2014 – 3 C 3.13, juris).
Ebenso wird eine MPU regelmäßig angeordnet bei Alkoholauffälligkeiten, insbesondere bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr, unabhängig davon, ob eine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist. Aber auch bei wiederholtem Alkoholkonsum im Straßenverkehr unterhalb dieser Schwelle oder bei Hinweisen auf Alkoholmissbrauch kann eine Begutachtung angezeigt sein (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b FeV).
Darüber hinaus lösen auch erhebliche oder wiederholte Verkehrsverstöße – etwa bei einer Eintragung von acht oder mehr Punkten im Fahreignungsregister (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG) – die Notwendigkeit einer Eignungsüberprüfung durch eine MPU aus. Schließlich können auch strafrechtliche Delikte mit verkehrsrechtlichem Bezug, wie etwa das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB), Trunkenheitsfahrten (§ 316 StGB) oder das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG), verwaltungsrechtlich als Indiz für fehlende Fahreignung gewertet werden.
Wichtig ist, dass die MPU-Anordnung nicht voraussetzt, dass eine strafrechtliche Verurteilung vorliegt. Der verwaltungsrechtliche Maßstab ist eigenständig und vorsorgend ausgestaltet. Bereits ein einzelner, nachweisbarer Vorfall kann – sofern er geeignet ist, Zweifel an der Fahreignung zu begründen – eine umfassende Eignungsüberprüfung durch die Behörde rechtfertigen.
II. Neue Begutachtungsstandards ab 2025
Im Jahr 2024 erfolgte eine grundlegende Überarbeitung der "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung", herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP), der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) sowie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Diese Leitlinien bilden das fachliche Fundament für die medizinisch-psychologische Begutachtung von Kraftfahrern und dienen der standardisierten Beurteilung der Fahreignung im Rahmen von MPU-Verfahren. Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wurden diese neuen Leitlinien bundesweit für alle anerkannten Begutachtungsstellen verbindlich eingeführt.
Die Neufassung bringt substanzielle Verschärfungen der Anforderungen mit sich, insbesondere im Bereich des Substanzkonsums (Alkohol und Drogen), aber auch hinsichtlich der psychologischen Einschätzungen zur charakterlichen Eignung. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung nach einem konsequenten Abstinenznachweis bei auffälligem Konsumverhalten. So ist in Fällen des regelmäßigen oder missbräuchlichen Konsums von Alkohol oder Cannabis grundsätzlich ein dokumentierter Abstinenzzeitraum von mindestens sechs Monaten nachzuweisen. Bei Rückfallkonstellationen, fortgesetztem Konsum, Mischkonsum oder einer negativen Vorgeschichte kann die erforderliche Abstinenzzeit auch auf zwölf Monate oder länger ausgedehnt werden.
Diese Nachweise müssen durch forensisch anerkannte toxikologische Untersuchungen erfolgen, die nach den strengen Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert sind. Zulässig sind sowohl Urin-Screenings im Rahmen eines strukturierten Kontrollprogramms als auch Haaranalysen mit lückenloser Probenkette, wobei die Einhaltung der Begutachtungsleitlinien des Bundesministeriums für Verkehr (BMVI) in der jeweils geltenden Fassung zwingend erforderlich ist. Die reine Vorlage privater ärztlicher Atteste oder nicht standardisierter Testergebnisse ist für die MPU nicht ausreichend und wird von den Begutachtungsstellen regelmäßig nicht anerkannt.
Neben der toxikologischen Komponente wird in der Begutachtung der psychologische Teil zunehmend intensiviert. Die psychologischen Fachgutachter legen gesteigerten Wert auf eine substanzielle und glaubhafte Aufarbeitung des vorangegangenen Fehlverhaltens. Hierzu gehört insbesondere eine nachvollziehbare Darstellung der Konsumhistorie, eine plausible Erklärung für die Ursachen und Umstände des Fehlverhaltens, sowie eine kritische Reflexion der persönlichen Verantwortung. Darüber hinaus erwarten die Gutachter eine tragfähige, in sich geschlossene Darstellung der Verhaltensänderung sowie eine begründete und belastbare Rückfallprophylaxe. Die bloße Erklärung des Verzichts genügt dabei nicht; vielmehr muss aus dem Gespräch erkennbar werden, dass ein stabiler Einstellungs- und Verhaltenswandel stattgefunden hat.
Ein weiteres Element der neuen Praxis besteht in der verstärkten Berücksichtigung sogenannter "Eignungsmängel unterhalb der strafrechtlichen Schwelle". Diese betreffen Fälle, in denen es nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung gekommen ist, die aber dennoch erhebliche Zweifel an der Fahreignung aufwerfen. Dazu gehören insbesondere wiederholte, auch isolierte Verkehrsordnungswidrigkeiten wie z. B. die wiederholte Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer (§ 23 Abs. 1a StVO), erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Ignorieren von Rotlichtzeichen. Auch auffälliges Verhalten im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol oder Drogen außerhalb des Straßenverkehrs – etwa durch polizeiliche Meldungen, medizinische Diagnosen oder sozialpsychiatrische Auffälligkeiten – kann Anlass für eine MPU geben.
Ergänzend fließen zunehmend Kriterien aus dem Bereich der charakterlichen Fahreignung in die Beurteilung ein, insbesondere im Hinblick auf Impulskontrolle, Regelakzeptanz und Verantwortungsbewusstsein. Sofern etwa aus Aktenvermerken, Zeugenangaben oder Vorbefunden hervorgeht, dass ein Betroffener zu aggressivem, respektlosem oder fahrlässigem Verhalten neigt, kann dies die Einschätzung der Fahreignung negativ beeinflussen, selbst wenn ein konkreter Verkehrsverstoß nicht vorliegt. Die Bewertung erfolgt hier anhand der Anlage 4 zur FeV (Eignungskriterien) sowie den neuen psychologischen Standards der Begutachtungsleitlinien 2025.
Insgesamt ergibt sich damit eine deutlich verschärfte Auslegung der Eignungskriterien durch die Begutachtungsstellen und eine erheblich gesteigerte Anforderung an die Nachweisführung und persönliche Aufarbeitung. Eine fundierte, frühzeitige und strategisch ausgerichtete Vorbereitung auf die MPU ist daher unerlässlich.
III. Fehlerquellen und Risiken bei der MPU
Die Durchfallquote bei medizinisch-psychologischen Untersuchungen bleibt trotz jahrzehntelanger Etablierung des Verfahrens konstant hoch. Insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogenauffälligkeiten erreichen die Nichtbestehensraten regelmäßig Werte von über 50 %, wie aus Erhebungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hervorgeht. Die Gründe hierfür sind vielfältig und lassen sich regelmäßig auf Defizite in der Vorbereitung, auf mangelhafte Beweisführung oder auf fehlerhafte Verhaltensstrategien der Betroffenen zurückführen.
Ein besonders häufiger Fehler besteht in der unzureichenden oder falsch organisierten Abstinenzdokumentation. Zahlreiche Betroffene legen Urin- oder Haaranalysen vor, die nicht den Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17025 entsprechen oder nicht über ein akkreditiertes Kontrollprogramm erfolgen. Derartige Nachweise werden von den Begutachtungsstellen regelmäßig als unbrauchbar gewertet. Gleiches gilt für ärztliche Bescheinigungen ohne toxikologisches Analysenergebnis oder für Haarproben mit unklarer Probennahme und fehlender Laborkette.
Ebenso kritisch ist die inhaltliche Vorbereitung auf das psychologische Untersuchungsgespräch. Viele Antragsteller unterschätzen die Anforderungen an die Konsistenz, Tiefe und Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. Widersprüche zwischen dem schriftlichen Vorbericht, dem Konsumverhalten und dem tatsächlichen Lebenslauf führen häufig zur Annahme einer unzureichenden Selbstreflexion oder zur Feststellung einer Verhaltensverfestigung. Auch bagatellisierende Erklärungen, Schuldverlagerungen („Ich wurde falsch behandelt“) oder stereotype Aussagen („Ich habe daraus gelernt“) ohne nachvollziehbare Verhaltensänderung führen in der Praxis regelmäßig zu einem negativen Gesamturteil.
Besonders risikobehaftet ist die Inanspruchnahme nicht qualifizierter MPU-Vorbereitungsstellen oder sogenannter MPU-Trainer ohne einschlägige verkehrspsychologische Ausbildung. Eine „Standard-Vorbereitung“ nach Schema F, die lediglich auf Prüfungssimulation und Textbausteine abzielt, verfehlt regelmäßig die Anforderungen der aktuellen Begutachtungsleitlinien und wird von erfahrenen Gutachtern leicht erkannt.
Kommt es infolgedessen zu einem negativen MPU-Gutachten, wird dieses in aller Regel durch die Begutachtungsstelle unmittelbar an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde übersandt (§ 11 Abs. 6 FeV). Die darin enthaltene negative Fahreignungsprognose bildet eine belastbare Grundlage für die Ablehnung der Fahrerlaubnis-Wiedererteilung gemäß § 20 FeV. Darüber hinaus entfaltet das negative Gutachten eine sog. Sperrwirkung: Eine erneute MPU ist erst nach Ablauf einer angemessenen Frist möglich, die in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten liegt – abhängig von der Schwere der Eignungsmängel und dem konkreten Inhalt des Erstgutachtens.
Der gesamte Verfahrensablauf verzögert sich dadurch erheblich. Neben dem zeitlichen und finanziellen Aufwand droht eine weitere psychologische Belastung, insbesondere wenn die Wiederholung mit erneuter Nachweispflicht und vertiefter Verhaltensreflexion verbunden ist. Aus anwaltlicher Sicht ist es deshalb zwingend geboten, eine MPU gut vorbereitet, strukturiert und unter Berücksichtigung aller verwaltungsrechtlichen und medizinisch-psychologischen Anforderungen anzugehen.
IV. Rechtliche Handlungsoptionen und anwaltliche Begleitung
Die frühzeitige Hinzuziehung eines im Fahrerlaubnisrecht versierten Rechtsanwalts ist dringend geboten. Die Kanzlei Nattermann prüft zunächst die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung anhand der Verwaltungsakte. Zentral ist dabei die Frage, ob die Behörde die erforderlichen Tatsachengrundlagen im Sinne des § 11 Abs. 2 FeV zutreffend ermittelt hat oder ob ggf. eine rechtswidrige Anordnung erfolgt ist.
Weiterhin begleitet die Kanzlei Mandanten bei der rechtssicheren Dokumentation von Abstinenznachweisen, führt Akteneinsichten durch, prüft Fristläufe und unterstützt – wo erforderlich – bei der Anfechtung der MPU-Anordnung im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 80 Abs. 5 VwGO) oder der Verpflichtungsklage auf Wiedererteilung (§ 42 VwGO).
Die enge Zusammenarbeit mit qualifizierten medizinisch-psychologischen Begutachtungsstellen ist integraler Bestandteil der anwaltlichen Unterstützung.
V. Ablauf der MPU im Detail
Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) ist ein standardisiertes, mehrstufiges Verfahren zur Beurteilung der Fahreignung, das aus drei inhaltlich und methodisch aufeinander abgestimmten Untersuchungskomponenten besteht. Die Durchführung erfolgt unter Beachtung der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung in ihrer jeweils gültigen Fassung und orientiert sich an den rechtlichen Vorgaben der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) sowie an den medizinisch-psychologischen Qualitätsstandards der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).
Den ersten Bestandteil bildet die medizinische Untersuchung, bei der der körperliche Gesundheitszustand sowie etwaige substanzbezogene Auffälligkeiten überprüft werden. Sie umfasst insbesondere eine Anamnese, eine klinische Untersuchung sowie ggf. ergänzende Laboranalysen. Ziel ist die Feststellung etwaiger körperlicher oder psychischer Erkrankungen, die die Fahreignung einschränken oder ausschließen könnten. Bei Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten erfolgt eine gezielte Überprüfung entsprechender Konsummuster durch toxikologische Analysen (z. B. Urin- oder Haarproben). Die Laboranalysen müssen den Vorgaben der DIN EN ISO/IEC 17025 entsprechen und durch entsprechend akkreditierte Einrichtungen durchgeführt werden.
Der zweite Teil der MPU besteht aus einem leistungspsychologischen Testverfahren. Hierbei werden kognitive Leistungsfunktionen wie Reaktionsschnelligkeit, Aufmerksamkeitsverteilung, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und Konzentrationsfähigkeit unter standardisierten Bedingungen getestet. Die verwendeten Verfahren sind in der Regel computergestützt und validiert. Dieser Test dient der objektiven Erhebung, ob die betroffene Person über die kognitiven Mindestvoraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs verfügt. Auffälligkeiten in diesem Bereich können – insbesondere in Verbindung mit anderen Defiziten – zur Ablehnung der Fahreignung führen, sind jedoch isoliert betrachtet nicht zwingend ausschlaggebend.
Den Schwerpunkt der Begutachtung bildet das verkehrspsychologische Untersuchungsgespräch. In einem strukturierten, diagnostisch geführten Interview werden die persönlichen Hintergründe des verkehrsrelevanten Fehlverhaltens erfasst und analysiert. Dabei geht es um die kritische Auseinandersetzung mit den Ursachen des Fehlverhaltens, etwaige problematische Einstellungen oder Verhaltensmuster sowie die Frage, ob eine belastbare Verhaltensänderung stattgefunden hat. Es wird geprüft, ob der Proband in der Lage ist, sein früheres Verhalten selbstkritisch zu reflektieren, Verantwortung zu übernehmen und ein glaubwürdiges Konzept zur Rückfallvermeidung entwickelt hat. Das Gespräch orientiert sich an den psychologischen Leitkriterien der Begutachtungsleitlinien und erfordert eine hohe Konsistenz zwischen Lebenslauf, Konsumgeschichte, Abstinenznachweisen und dem inhaltlich vermittelten Verhaltenswandel.
Erst wenn in allen drei Teilbereichen der MPU – medizinisch, leistungspsychologisch und verkehrspsychologisch – positive Ergebnisse vorliegen und keine Eignungsmängel verbleiben, kann im Gesamtergebnis eine positive Fahreignungsprognose ausgesprochen werden. Bereits ein gravierender Mangel in einem der Teilbereiche kann dazu führen, dass das Gutachten insgesamt negativ ausfällt und die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis versagt bleibt.
VI. Zeitlicher und finanzieller Rahmen
Die finanziellen Aufwendungen im Zusammenhang mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) variieren in Abhängigkeit von der Fragestellung, der Begutachtungsstelle sowie dem individuellen Fallprofil. Für die reine Begutachtung bei einer amtlich anerkannten Stelle – also ohne vorbereitende Maßnahmen – liegen die Kosten erfahrungsgemäß zwischen 400 EUR und 900 EUR. Dieser Betrag umfasst ausschließlich die eigentliche MPU inklusive medizinischer Untersuchung, Leistungsdiagnostik und psychologischem Gespräch. Die Rechnung wird dabei in der Regel direkt durch die Begutachtungsstelle erstellt und ist unabhängig vom Ergebnis der Untersuchung zu begleichen.
Zusätzliche Kosten entstehen regelmäßig für toxikologische Abstinenznachweise, etwa bei Alkohol- oder Drogenauffälligkeit. Je nach Anzahl, Art und gewähltem Verfahren (Urin-Screenings oder Haaranalysen) belaufen sich diese Kosten auf etwa 300 EUR bis 700 EUR, teilweise auch darüber hinaus bei langandauernden Kontrollprogrammen.
Hinzu kommen ggf. Aufwendungen für eine fachlich fundierte MPU-Vorbereitung, die im Interesse einer positiven Prognose dringend zu empfehlen ist. Qualifizierte Vorbereitungsmaßnahmen durch verkehrspsychologisch geschulte Anbieter schlagen je nach Intensität und Umfang mit weiteren 300 EUR bis 1.000 EUR zu Buche. Die Höhe dieser Beträge hängt maßgeblich vom persönlichen Unterstützungsbedarf und der Anzahl der erforderlichen Sitzungen ab.
Die Gesamtdauer des Verfahrens – von der Entziehung der Fahrerlaubnis über die behördliche Anordnung der MPU bis zur abschließenden Wiedererteilung durch die Fahrerlaubnisbehörde – beträgt in der Regel zwischen 12 und 18 Monaten. Diese Dauer kann sich durch negative Gutachten, unzureichende Nachweisdokumentationen oder behördliche Verzögerungen erheblich verlängern. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig mit der strukturierten Vorbereitung zu beginnen und rechtlichen sowie verkehrspsychologischen Beistand einzubeziehen, um unnötige Wiederholungen und Fristverluste zu vermeiden.
VII. Auslandsverstöße und europäische Meldewege
Im Zeitalter grenzüberschreitender Verkehrsvernetzung gewinnen ausländische Verkehrsverstöße zunehmend an Bedeutung für die Bewertung der Fahreignung durch deutsche Fahrerlaubnisbehörden. Verstöße wie Trunkenheitsfahrten in Italien, erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen in Österreich oder Mautdelikte in Frankreich werden heute nicht mehr als isolierte nationale Ereignisse behandelt. Vielmehr gelangen sie durch den EU-weiten Informationsaustausch über das Netzwerk EUCARIS (European Car and Driving License Information System) in den Verwaltungsbestand deutscher Behörden. Dieses System ermöglicht den unmittelbaren Datenzugriff auf Halterdaten, Fahrerlaubnisinformationen und Deliktinformationen zwischen EU-Mitgliedstaaten.
Von besonderer Relevanz ist dies insbesondere dann, wenn ein deutscher Staatsangehöriger nach Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis im Ausland eine neue Fahrerlaubnis erwirbt oder mit einer bestehenden ausländischen Fahrerlaubnis im Inland am Straßenverkehr teilnimmt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung oder Nichtanerkennung solcher Fahrerlaubnisse ergeben sich aus § 28 FeV, insbesondere Absatz 4. Danach wird eine im Ausland erworbene Fahrerlaubnis in Deutschland nicht anerkannt, wenn die Fahrerlaubnis in einem Zeitraum erteilt wurde, in dem in Deutschland eine Sperrfrist oder eine Entziehung bestand, oder wenn die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen weiterhin als zweifelhaft gilt.
In diesen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde gestützt auf die ihr übermittelten Informationen eine erneute Prüfung der Fahreignung einleiten. Dies kann – wie bei nationalen Delikten – zur Anordnung einer MPU führen, sofern konkrete Tatsachen bestehen, die Zweifel an der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Eignung des Betroffenen begründen (§ 11 Abs. 1 FeV). Dabei spielt es keine Rolle, ob die ausländische Sanktion eine strafrechtliche oder nur verwaltungsrechtliche Maßnahme war – maßgeblich ist, ob die zugrunde liegenden Umstände nach deutschem Maßstab als sicherheitsrelevantes Fehlverhalten einzustufen sind.
Rechtlich bedeutsam ist ferner, dass in diesen Konstellationen auch der Versuch einer sogenannten „Führerscheinflucht“ – also der gezielten Erlangung einer Fahrerlaubnis im Ausland trotz bestehender Eignungsmängel – nicht zum Erfolg führt. Die deutsche Fahrerlaubnisbehörde kann in einem solchen Fall nicht nur die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis verweigern, sondern auch eine MPU anordnen, um die Fahreignung objektiv zu überprüfen.
Betroffene sollten solche Vorgänge keinesfalls unterschätzen, da sie mit erheblichen rechtlichen und verkehrsrechtlichen Konsequenzen verbunden sein können, einschließlich strafrechtlicher Ermittlungen wegen Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis (§ 21 StVG), sofern die ausländische Fahrerlaubnis zu Unrecht als gültig verwendet wird. Die Einbindung anwaltlicher Expertise zur frühzeitigen Klärung der Anerkennungsfähigkeit sowie zur Vorbereitung auf mögliche fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen ist daher dringend anzuraten.
VIII. Fazit
Angesichts der steigenden Anforderungen an die medizinisch-psychologische Begutachtung ab 2025 empfiehlt sich eine frühzeitige, fundierte und rechtskundige Begleitung. Die Kanzlei Nattermann steht Betroffenen bundesweit mit ihrer fachlichen Expertise zur Seite – von der ersten Kontaktaufnahme über die rechtliche Einordnung der Anordnung bis hin zur umfassenden Vorbereitung und Nachbereitung der MPU.
