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Medizinisches Cannabis hier: § 24 StVG

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THC Medikation
Christoph Nattermann Mittwoch, 2. August 2023 von Christoph Nattermann

Analyse von § 24a Abs. 2 StVG: Medizinisches Cannabis und Straßenverkehr

Der § 24a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) regelt das Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss berauschender Mittel. Diese Vorschrift hat besondere Relevanz für Personen, die Medizinalcannabis einnehmen, da sie hier eine Ausnahme vorsieht. Nachfolgend erfolgt eine detaillierte Analyse des Paragraphen, seiner Anwendung sowie seiner Auslegung in verschiedenen Bundesländern.

Der Wortlaut des § 24a Abs. 2 StVG

Der Gesetzestext lautet: „Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.“

Zentrale Elemente der Norm:

1. Ordnungswidrigkeitstatbestand:

  • Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines in der Anlage aufgeführten berauschenden Mittels geführt wird.

  • Cannabis ist in der Anlage zu § 24a StVG ausdrücklich als solches Mittel gelistet.

2. Nachweis der Substanz im Blut:

  • Eine Wirkung im Sinne des Gesetzes liegt bereits dann vor, wenn die Substanz im Blut nachweisbar ist.

  • Dabei gelten feste Grenzwerte, die von der Grenzwertkommission empfohlen wurden. Für aktives THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) liegt der Grenzwert derzeit bei 3,5 ng/ml Blutserum (Stand: 2024, nach Änderung des Straßenverkehrsgesetzes).

3. Ausnahme für Arzneimittel:

  • Der Tatbestand greift nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels stammt.

  • Dies gilt auch für medizinisches Cannabis, seit dieses am 1. März 2017 durch das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften für therapeutische Zwecke zugelassen wurde.

Voraussetzungen für die Ausnahme bei Medizinalcannabis

Damit Medizinalcannabis unter die Ausnahme des § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG fällt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Verschreibungspflichtiges Arzneimittel:

  • Das Cannabis muss von einem Arzt verschrieben und für einen konkreten Krankheitsfall bestimmt sein. Beispiele sind chronische Schmerzen, Multiple Sklerose oder schwerwiegende neurologische Erkrankungen.

2. Bestimmungsgemäße Einnahme:

  • Die Einnahme muss in der verordneten Dosierung und gemäß den ärztlichen Anweisungen erfolgen.

  • Eigenständige Anpassungen der Dosierung oder Missbrauch führen dazu, dass die Ausnahme nicht greift.

3. Kein Nachweis einer Fahruntüchtigkeit:

  • Trotz Ausnahme dürfen keine Anzeichen einer Fahruntüchtigkeit wie verlangsamte Reaktionszeiten, Konzentrationsschwierigkeiten oder andere Beeinträchtigungen auftreten. Dies wird im Zweifel durch eine ärztliche Einschätzung oder eine Verkehrskontrolle beurteilt.

4. Nachweispflichten des Patienten:

  • Patienten sollten bei einer Verkehrskontrolle Nachweise über die ärztliche Verordnung mit sich führen. Empfohlen wird eine Bescheinigung des behandelnden Arztes, die die Verschreibung und die medizinische Indikation bestätigt.

Praktische Auslegung und Unterschiede in den Bundesländern

Die Umsetzung und Auslegung des § 24a StVG kann in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werden, insbesondere in Bezug auf die Bewertung der Fahrtüchtigkeit und den Umgang mit Medizinalcannabis:

1. Unterschiedliche Grenzwert-Praxis:

  • Während der Grenzwert für aktives THC bundesweit einheitlich bei 3,5 ng/ml liegt, wird die Fahruntüchtigkeit oft unterschiedlich bewertet. Einige Bundesländer, wie Bayern, sind dafür bekannt, eine strengere Linie zu fahren und auch bei geringen Anzeichen von Unsicherheit Fahruntüchtigkeit anzunehmen.

2. Fahranfänger und Probezeit:

  • Für Fahranfänger und Personen in der Probezeit gilt ein absolutes Cannabisverbot. Dies betrifft auch Medizinalcannabis, da hier ein besonders hohes Maß an Vorsicht gefordert wird.

3. Polizeikontrollen und Beweispflichten:

  • In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen wird von Patienten oft verlangt, bei Kontrollen nicht nur die ärztliche Verordnung, sondern auch aktuelle ärztliche Atteste vorzulegen, die eine Beeinträchtigungsfreiheit bestätigen.

4. Richterliche Bewertung:

  • Die Gerichte in einzelnen Bundesländern beurteilen Fälle von Medizinalcannabis unterschiedlich. Während beispielsweise in Berlin der Fokus stärker auf die individuelle Beeinträchtigung gelegt wird, entscheiden Gerichte in konservativeren Bundesländern wie Sachsen häufiger gegen den Betroffenen.

Ein Verstoß gegen § 24a Abs. 2 StVG kann folgende Konsequenzen haben:

  • Bußgeld: Ein Regelsatz von 500 Euro beim Erstverstoß.

  • Punkte in Flensburg: Zwei Punkte im Fahreignungsregister.

  • Fahrverbot: Ein Monat Fahrverbot beim Erstverstoß.

  • Entzug der Fahrerlaubnis: Bei wiederholten Verstößen oder schwerwiegenden Auffälligkeiten droht der Entzug der Fahrerlaubnis gemäß § 3 StVG i. V. m. § 46 FeV.

Fazit

Der § 24a Abs. 2 StVG schafft eine wichtige Ausnahme für Patienten, die Medizinalcannabis einnehmen, fordert jedoch gleichzeitig ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Die bestimmungsgemäße Einnahme muss nachgewiesen werden, und Fahruntüchtigkeit darf nicht vorliegen. Die Auslegung variiert zwischen den Bundesländern, was eine fundierte rechtliche Beratung im Einzelfall besonders wichtig macht. Wer auf Medizinalcannabis angewiesen ist und am Straßenverkehr teilnimmt, sollte stets gut vorbereitet sein und bei Unklarheiten einen spezialisierten Rechtsanwalt hinzuziehen.

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